„Schade, dass ich so wenig sehe,“ bedauert er, blickt in die gleißenden Scheinwerfer und fordert Saallicht für den Kontakt mit dem Publikum, verweist nebenbei auf seinen erkrankten Bandleader Danny Dziuk,
spricht sich langsam ein in diesen Abend und fängt schließlich an zu singen. Ausnahmsweise nicht aus eigener Feder, ein Evergreen von George Gershwin soll es sein: „Summertime“, manchmal etwas rauh im Ton, die Endungen teilweise verschluckt, die Gitarre als schlichtes Begleitinstrument.
Darauf genehmigt sich der Mann in Jeans und gestreifte T-Shirt grinsend ein Bier, aber eigentlich
hätte es besser ein Wein sein dürfen. Auftakt zu einer fulminanten Veranstaltung, zu einem großartigen Konzert mit bestem Prädikat. Axel Prahl und sein Inselorchester gastierten im restlos ausverkauften Kulturforum Gut Wienebüttel.
Es gibt inzwischen diverse Schauspieler mit musikalischen Ambitionen. Bei manchen wirkt das etwas aufgesetzt, bei anderen eher blass. Prahl geht darin auf, er lebt den wechselnden Pulsschlag des Sounds, ist authentisch, auch, weil er selbst als Epizentrum des Kreativteams fungiert. Seine Popularität als Münsteraner Tatort-Kommissar mit Traumeinschaltquoten hängt er an den Nagel, sie spielt hier keine Rolle. Die Stücke sind handwerklich präzise entwickelt, die Texte geradlinig, mal heiter, dann nachdenklich, subtil, den noch bodenständig, direkt, sehr persönlich und ehrlich. Axel Prahl verkörpert diese Attribut
glaubhaft. Er streift Rock und Jazz, Chanson und Folk, wagt sich bis zum Rap. Vielfalt, die stark beeindruckt.
Zwischen den Songs plaudert der Wahl-Berliner fröhlich mit sonorer Stimme drauflos über das Leben im Allgemeinen, Sehnsüchte, Erinnerungen, den Alltag halt. Kleine Geschichten, Erfahrungen, die als Motive seiner Kompositionen dienen, stets auf leichten Sohlen spazieren, nie plump belehren wollen, ohne
jedoch das Politische auszuklammern. Ein Hang zur gepflegte Ironie wird deutlich. Sie grundiert einige Beiträge, darunter „Wieso bist Du immer noch da“ oder den Schwanengesang auf eine verflossene Liebe.
Das exzellent besetzte, acht köpfige Inselorchester trägt den Akteur an der Gitarre souverän in jedem Moment, verleiht ihm Flügel. Prahl sucht dabei konsequent enge Tuchfühlung und Augenhöhe, einen Auftritt als prätentiösen Star lehnt er ab. Davon reden auch seine Stücke, darunter ein quirliger Calypso und eine Ballade, ein bißchen Pop darf es sein, allerdings in kerniger Verpackung. Originalität, hoher Anspruch und garantiert häufig Überraschungen reihen sich zu einem wunderbaren Set. Lieder, die nie zum glühenden Sternenhimmel der Euphorie und affektierter Selbstdarstellung greifen, sondern Risse zeigen, Blessuren, Hoffnungen und Beobachtungen reflektieren.
Es sind Achterbahnfahrten einer Biografie, empathische Zuneigung in „Das ist meine Frau“, Satire in „Herr Neugier und Madame Moral“, Auseinandersetzung mit den Untiefen der Bürokratie in dem amüsant frechen „Für ein Amt bitte immer eine Null vorwählen“, die Moritat über die inflationäre Nutzung von Worthülsen in „Bla Bla Bla“ oder das hintergründige „Schön, dass Du da warst“, ein rockig dampfender Titelsong aus sei nem ersten Album „Blick aufs Mehr“ zählt ebenfalls dazu und das kämpferische „Heute fange ich an“. Insgesamt ist es ein knallbuntes Füllhorn aus Themen und Musikstilen im Hochglanzformat,
prall und vital. Das Publikum reagierte enorm begeistert, feierte Axel Prahl und das Inselorchester mit Jubel.