Axel Prahl: Der Schauspieler geht gelassen und durchaus dankbar mit seiner Popularität als TV-Kommissar um
Sein Kollege war schon da: Beim Schweinfurter Nachsommer 2009 hat Jan Josef Liefers, der Prof. Boerne aus dem Münsteraner „Tatort“, als Rockmusiker den „Soundtrack meiner Kindheit“ vorgestellt. Nun kommt der Kommissar: Axel Prahl, Darsteller des Frank Thiel, gastiert am 15. September, 19.30 Uhr, mit seinem Inselorchester im Rahmen des Nachsommers in der SKF-Halle 410 in Schweinfurt. Das Programm „Blick aufs Mehr“ besteht vor allem aus eigenen Songs zwischen Chanson und Rock, zwischen Singer/Songwriter und Latin-Einflüssen.
Frage: Sie sind einer von mehreren „Tatort“-Kommissaren, die auch was anderes machen. Gehören Sie auch zu den „Tatort“-Kommissaren, die man nicht auf den „Tatort“ ansprechen darf?
Axel Prahl: Ich habe dem „Tatort“ viel zu verdanken, insofern wäre ich schön blöd, wenn ich jetzt sagen würde, Sie dürfen nicht danach fragen. Wobei ich schon Wert darauf lege, dass man die Dinge voneinander trennt. In erster Linie bin ich Schauspieler. Ich mache jede Menge anderer Dinge, aber die Rolle des Hauptkommissars Thiel ist natürlich die populärste. Man darf also auf der einen Seite dankbar sein, dass man diese Hausnummer bekommen hat, und auf der anderen Seite ist es manchmal ein schweres Los für einen Schauspieler, wenn man an dieser Hausnummer hängen bleibt.
Wünschen Sie sich manchmal, dass das Leben so übersichtlich wäre wie im „Tatort“ Münster?
Prahl: (lacht) Ja, das wäre ganz drollig. Ganz so einfach ist es dann doch nicht. Man weiß – also zumindest ich weiß für mich, dass Leben eigentlich Probleme lösen heißt. Und hat man eins gelöst, steht schon das nächste vor der Tür. So ist und so bleibt es, und so wird es sein, bis man im blanken Holz liegt.
Wie ist es mit Thiel, den Frauen und der Musik? Sie haben wenigstens noch die Gitarre. Aber Thiel ist ja völlig hilflos.
Prahl: Ich glaube, Thiel ist eher unmusikalisch. Ich würde ihn eher einstufen Richtung AC/DC und die ganzen alten Schlager der 70er und 80er Jahre. Vielleicht auch ein bisschen Bob Dylan, vom Vater her. Aber wahrscheinlich würde Thiel Dylan doch eher hassen – weil er eben für alles steht, was ihn an seinem Vater so nervt.
Sie gehören nicht zu den Fernsehleuten, die wie durch ein Wunder plötzlich auch noch Gitarre spielen können. Bei Ihnen kam die Musik vor der Schauspielerei. Was bedeutet sie heute für Sie?
Prahl: Sie ist zum einen eine willkommene Abwechslung für mich und zum anderen ein neuer Arbeitsbereich, der interessante Türen öffnet, die lange verschlossen waren. Türen, die ich im zarten Alter von 22, 23 Jahren geschlossen hatte und jetzt wieder öffne. Und wie immer, wenn man Türen öffnet, kommt plötzlich frischer Wind herein. Und das ist sehr wohltuend.
Geht es mehr um das Live-Erlebnis oder um das Schreiben und Komponieren?
Prahl: Sowohl als auch. Und die Konzerte sind dann immer auch ein bisschen wie Theatervorstellungen. Wobei ich zugeben muss, dass das Live-Musizieren in dem Stadium, in dem ich mich bewege, ziemlich anstrengend ist. Wir haben zwar Leute, die die Bühne mit aufbauen, aber der Sound-Check zieht sich oft sehr in die Länge. Leute, die in der O2-World spielen, haben eben auch Personal, das den Sound-Check macht, während sie sich im Hotel ausruhen. Das ist bei uns noch nicht so. Insofern ist das Musizieren anstrengender als eine Theatertournee.
Welche Rolle spielt der kreative Prozess des Songschreibens im Gegensatz zum Spielen von Rollen, die andere geschrieben haben?
Prahl: Ich bin da immer erst sehr unsicher. Es dauert bei mir sehr lange, bis ein Text wirklich steht, bis ich ihn für mich selbst verabschieden kann, und danach habe ich immer noch das Gefühl, man könnte was verbessern. Aber das ist dann deutlich schwerer, sobald man es einmal auf CD gepresst hat. Es gibt in den Konzerten jetzt schon die ersten Leute, die mitsingen, und man merkt dann, okay, die beschäftigen sich mit den Texten, und dann kann man nicht mehr wie wild improvisieren und Neues gestalten.
Welche Person sind Sie auf der Konzertbühne? Gibt es da eine Bühnenfigur, die Sie überstreifen?
Prahl: Ich würde behaupten wollen, dass es sich bei dieser Bühnenfigur eindeutig um Axel Prahl handelt. Natürlich bin ich auch in meinen Rollen immer ein Stück weit ich selbst, das machen auch alle grandiosen Schauspieler. Man lebt immer auch von sich selbst, und natürlich gibt es dadurch immer wieder Schnittmengen, sodass zum Beispiel die Flapsigkeit von Thiel durchkommt oder etwas Nonchalantes a la Willenbrock.
Es gibt einen Auftritt bei Kurt Krömer von Ihnen, da bringen Sie es fertig, überhaupt nichts von sich preiszugeben. Auch in der „Bunte“ tauchen Sie auffällig wenig auf. Sind Sie bewusst sparsam mit Einblicken in Ihr Leben?
Prahl: Ich wage zu behaupten, dass jemand, der alle Geheimnisse preisgegeben hat, dann auch nicht mehr auf der Bühne oder im Film interessieren kann. Insofern sollte man immer versuchen, ein kleines Geheimnis zu bewahren.
Wenn Sie drei Lieblingssongs nennen müssten, welche wären das?
Prahl: Oh, da wäre . . . Drei Lieblingssongs . . . Das ist sehr, sehr schwer, weil ich einen breit gefächerten musikalischen Lebenslauf habe. Das ging los mit Kirchenmusik – ich war früher im Kirchenchor und habe dadurch ein großes Maß an Klassik genießen dürfen. Dann ging es weiter in der Pubertät mit den ersten Gitarrenhelden – Leo Kottke, Werner Lämmerhirt. Natürlich John McLaughlin, Al di Meola, Paco de Lucia bis hin zu Pat Metheny. Dann gab es eine Phase mit Irish Folk, da habe ich versucht, Mandoline zu spielen, und habe es auch getan. Also ein ziemlich breites musikalisches Spektrum. Deshalb kann ich keine drei Lieblingssongs nennen, ich hätte sonst immer das Gefühl, wenn ich einen sage, habe ich 50 andere vergessen.
Wenn ich Ihre Musik höre, hätte ich jetzt nicht unbedingt auf Pat Metheny getippt – Sie klingen doch um einiges rauchiger und bluesiger.
Prahl: Ja, das ist wohl wahr.
Sie covern „With A Little Help From My Friends“ – ein Song, von dem es die meiner Meinung nach beste Coverversion aller Zeiten bereits gibt. . .
Prahl: Ja, von Joe Cocker.
Sie haben noch mal eine andere Version gefunden. Ähnelt das Covern dem Schreiben, oder geht das leichter?
Prahl: Ich finde es deutlich leichter, eine eigene Version von einem fremden Song zu schreiben. Wenn man einen Song interpretiert, sollte man immer versuchen, eine eigene Version zu finden, die einem dann auch irgendwie gehört. „With A Little Help From My Friends“ ist ja auch ein bisschen Volksgut – es handelt sich also quasi um die Ausgestaltung eines Volkslieds, das jedem im Ohr klingt. Deswegen habe ich mich da rangetraut.
Ich nenne jetzt noch ein paar Namen von musizierenden Fernsehleuten: Ulrich Tukur, Jan Josef Liefers, Manfred Krug, Anna Loos, Reinhold Beckmann. . .
Prahl: Der Beckmann auch? Das wusste ich gar nicht.
Ja, der war vor ein paar Wochen hier. Und Jan Josef Liefers war beim Nachsommer 2009 auch hier. Ist das eine Hypothek, wenn es heißt, jetzt kommt auch noch der Prahl und will Musik machen?
Prahl: Es gibt vielleicht den einen oder anderen, der so etwas sagt, ich nehme das aber nicht so wahr. Die meisten, die Sie jetzt aufgezählt haben, spielen ja vor allem Sachen nach. In meinen Konzerten hingegen beschreibt nur der erste Teil meinen musikalischen Werdegang, im zweiten sind komplett eigene Stücke zu hören – mit eigener Musik und eigenen Texten.
Kann man denn noch als Privatperson unterwegs sein, wenn mehr als elf Millionen „Tatort“ schauen?
Prahl: Das ist eine durchaus berechtigte Frage. Schwierig – man kann überhaupt nicht mehr aus dem Keller heraus agieren, was mir deutlich lieber wäre. Wenn die Leute ins Konzert kommen, haben sie schon ein bisschen den Kommissar Thiel im Hinterkopf. Das macht es zwar manchmal etwas schwerer, aber den Kartenverkauf macht es meist deutlich leichter. Viele, viele Musikerkollegen, die hervorragende Musik machen, haben es da wesentlich schwerer.
Zuletzt noch eine sehr persönliche Frage: Ist Thiel jetzt in Nadeschda verliebt oder nicht?
Prahl: Gute Frage, nächste Frage.
Also Sie dürfen dazu nichts sagen?
Prahl: Ich werde mich zu diesem Thema nicht äußern. Das wäre ja auch Unzucht mit Abhängigen oder wie das heißt.
Ich habe ihn jedenfalls im Verdacht, dass er tief in seinem Herzen eine stille, heimliche Liebe für Nadeschda hegt.
Prahl: Das haben Sie jetzt aber schön gesagt.