Andreas Dresen ist nicht nur einer der wichtigsten Regisseure des neuen deutschen Kinos, sondern auch ein begnadeter Musiker – jetzt hatte er ein Heimspiel im Innenhof des Schweriner Schlosses
Finaler Höhepunkt der Open Air-Konzertreihe im Innenhof des Schweriner Schlosses war am Sonntagabend ein Auftritt von Alexander Scheer mit Andreas Dresen und seiner Band. Im Jahr 1963 in Gera im Osten Thüringens geboren, ist Dresen in Schwerin aufgewachsen und zur Schule gegangen. Er drehte am Goethe-Gymnasium seine ersten Kurzfilme. Seit den 1990er-Jahren wird Dresen als einer der wichtigsten Regisseure des neuen deutschen Kinos gepriesen, kann auf eine stolze Reihe von Filmerfolgen zurückblicken.
Jetzt steht er hier mit einer Gitarre auf der Bühne, wird von Alexander Scheer dem Publikum in Marktschreiermanier als „Kind dieser Stadt“ vorgestellt, das sich freue wieder hier zu spielen. Und auch der Rest dieser ungewöhnlichen Band mit dem besonderen Programm zeigt von Beginn an Spielfreude und beste Laune, die vom Publikum mit Freude aufgenommen wird.
Andreas Dresen erlebte in Schwerin in den 80er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts ein unvergessliches Konzert des Liedermachers Gundi Gundermann. Ein prägendes Erlebnis muss dieser Konzertbesuch gewesen sein, der Jahrzehnte später zu Dresens mit sechs Deutschen Filmpreisen ausgezeichneter Filmbiografie „Gundermann“ führte und ihn und den Hauptdarsteller Alexander Scheer nun unter dem Motto „Wir spielen Gundermann und mehr“ auf die Bühne im Schlosshof bringt.
Los legt die Band mit dem Gundermann-Klassiker „Ich mache meinen Frieden“ aus der 1993 erschienenen LP „Der 7te Samurai“, gefolgt von dem nicht minder tiefschürfenden „Wenigstens bis Morgen“. Es folgt eine dramaturgisch gekonnt zusammengestellte Reise in die von Poesie und der Utopie vom friedlichen Miteinander geprägte Welt des im Juni 1998 mit nur 43 ihren verstorbenen Poeten Gundermann.
Erster Höhepunkt ist die musikalische Verbeugung vor einer im vergangenen Jahr verstorbenen Theater-Legende: Andreas Dresen widmet Gundermanns „Kommen und Gehen“ seinem Ziehvater, dem unvergessenen Regisseur Christoph Schroth, der in seiner Zeit als unerschrockener Schauspieldirektor am Mecklenburgischen Staatstheater zwischen 1974 bis 1989 Maßstäbe setzte.
Nach dem konzertanten ersten teil, bei dem der Zuschauer noch brav auf ihren Plätzen sitzen, folgt – inspiriert von einem grandiosen Gitarrensolo des Pankow Saitenzauberers Jürgen Ehle, ein geradezu rauschhafter zweiter Teil, bei dem es die Mehrzahl der Besucher von den Sitzen reißt und getanzt wird, wie selten zuvor an diesem Ort.
Dresens Band agiert hier nicht nur filmreif, sie hat das Zeug zur Langlebigkeit. Das bestätigt sich im Finale als bei der Vorstellung von Kid Kopphausens „Das Leichteste der Welt“ noch einmal Gänsehaut angesagt ist, eher Herr Scheer in die großen Schuhe von David Bowie schlüpft. Nach „Heroes“ ist dann noch nicht ganz Schluss. Denn Bandleader und Musiker signieren am schön dekoriert Merch-Verkaufsstand Tonträger, DVDs, Plakate und Shirts, kommen mit Fans ins Gespräch. So strahlten die Sterne über dem Schloss und die vorherbstliche Kälte hat keine Chance. Im Kopf klingt auf dem Heimweg noch lange eine kleine, soeben gehörte Liedzeile nach: „Never mind the darkness, baby, you will be saved by Rock ’n‘ Roll.“