Dieter „Maschine“ Birr über 30 Jahre PUHDYS – Rockmusik

Lausitzer Rundschau von Gunnar Leue 05.06.1999

Mit den Rolling Stones wolltet ihr immer mal gemeinsam auf einer Bühne spielen. Habt ihr die Hoffnung, dass das noch klappt ? Man soll nie etwas für ausgeschlossen halten.

Die PUHDYS werben für Einbauküchen, Bier und Opel oder spielten bei Wahlveranstaltungen sowohl für PDS als auch für SPD. Zumindest in Sachen Selbstvermarktung braucht ihr euch hinter den Stones nicht verstecken !

Wir spielen einfach für die Leute und nicht aus politischen oder sonstigen Gründen. Und durch die genannten Firmen bekommen wir einfach die Möglichkeit, günstig für unsere Konzerte zu werben. Es würde uns ein Vermögen kosten, wenn wir zum Beispiel die Rundfunkspots oder Großplakate selber schalten müssten. Dazu gibt `s ja Sponsoren.

Schon in der DDR galten die PUHDYS als clevere Truppe, was manche Anfeindung hervorrief. Zu Unrecht ?

Da spielte bei manchen Leuten auch der Neid eine Rolle. Ich denke aber, das die Leute inzwischen mitbekommen haben, das wir keineswegs vom Staat bevorzugt wurden. Wir waren schon immer eine selbstständige Firma und haben eigentlich stets gemacht, was wir wollten. Außerdem war es ja in der DDR nicht so, das sich das Publikum durch die Stasi oder den Staat in die Konzerte oder Plattenläden treiben ließ.

Warum seit ihr dann 1988 auf „Good-bye-Tour“ gegangen ?

Wir wollten einfach auf dem Höhepunkt unserer Karriere abtreten, denn mehr konnte man in der DDR nicht erreichen, als wir geschafft haben. Zumal die älteren Bands auch nicht mehr so gefragt waren wie früher. Allerdings wollten wir ja nur als Live – Band aufhören und ansonsten schon noch im Studio Musik machen, für Soloplatten, auch Songs für andere schreiben.

Im Nachhinein hättet ihr keinen günstigeren Zeitpunkt für euren Rücktritt wählen können. So blieb euch der für alle etablierten Ostkünstler obligatorische Wendeknick ersprat, und ihr konntet pünktlich zur Ostalgiewelle wieder auferstehen.

Zunächst dachten wir überhaupt nicht an ein Comeback, sondern wie die meisten Kollegen, das sich mit der Wende sowieso alles erledigt hätte. Natürlich auch für uns, schließlich mochte doch niemand mehr etwas mit Ostprodukten aller Art zu tun zu haben. Andererseits merkten wir, das uns die Leute auf der Strasse weiter viel Sympathie entgegenbrachten. Ich kann mich erinnern, wie mal zwei Glatzköpfe kamen, als ich gerade an einer Imbissbude stand. Mein erster Gedanke war: Wenn die dich jetzt erkennen, gibt `s bestimmt `nen dummen Spruch. Stattdessen meinten die: Ey, cool, wann spielt ihr denn wieder ? Das haben wir kurz darauf dann gemacht, nach einem heimlichen Test im Westen, ob wir ´s noch bringen. Dann meldete sich auch die Plattenfirma, und irgendwie wollten wir `s wieder wissen.

Inzwischen wisst ihr es, die PUHDYS sind nicht nur die Dinosaurier des Ostrock, sondern auch die erfolgreichste Band der Ostalgiewelle. Stört euch das Etikett ?

Im Prinzip ist mir das egal. Letztlich zählt doch allein, das die Leute überhaupt bin unsere Konzerte kommen und unsere Platten kaufen. Natürlich gibt es viele Fans, die sich gern daran erinnern, uns schon früher gehört zu haben. Eigenartig allerdings finde ich, dass ihre Kinder ebenfalls in unsere Konzerte kommen und mitsingen. So was konnte ich mir nie vorstellen. Auf keinen Fall hätte ich mir früher die gleiche Musik angehört wie meine Eltern. Da muss wohl mehr als nur Ostalgie dahinter stecken. Vielleicht sind manche ja auch ein bisschen stolz, das eine Band aus ihrem alten Land noch mal geschafft hat.

Bewertet ihr euren Erfolg heute höher als den in der DDR, wo kaum internationale Stars spielten ?

Natürlich. In der DDR waren wir im wesentlichen konkurrenzlos. Deswegen haben wir uns zwar über den Erfolg damals gefreut, aber ihn auch nicht überbewertet, ganz ehrlich. Das wir immer noch so ankommen, freut uns viel mehr. Noch dazu, wenn man sieht, das einige unserer anfänglichen Vorbilder wie Uriah Heep mittlerweile in bedeutend kleineren Sälen spielt als wir.

Oder wenn man als Support für Rod Stewart mehr gefeiert wird als der Hauptact, wie im Rostocker Ostseestadion geschehen.

Na ja, die Leute konnten halt unsere Texte mitsingen. So was schafft schon ein gewisses Selbstvertrauen. Wirklich wichtig ist doch nur: Wenn man auf der Bühne steht, muss etwas passieren. Da interessiert nicht, ob du aus Norwegen oder Amerika kommst.

Apropos, ihr wart 1981 auf einer Promo – Tour in den USA, wie seit ihr dort angekommen ?

Gespielt haben wir da gar nicht, das war im Grund ein Geschenk unserer westdeutschen Plattenfirma Hansa. Weil die ja nicht sagen konnten, das wir nur zum Urlaub in Amerika sind, wurde das Promotiontour genannt, um uns bei einigen Plattenfirmen vorzustellen. Wir waren also bei Hansa international und bei so einem kleinen Label in Los Angeles, das Platten aus der ganzen Welt von ägyptischen Schlager bis afghanischer Volksmusik, aufkaufte. Die haben dann von uns auch ein paar genommen. In England waren wir zuvor wirklich in einem Studio, um das Album „Far From Home“ für den internationalen Markt zu produzieren. Das ist jedoch ziemlich geflopt.

Dafür war eure Musik zu Hause umso beliebter. Ihr habt nicht nur unzählige Publikumswahlen als beliebteste Band gewonnen, sondern auch hohe Auszeichnungen bis zum Nationalpreis. War dafür ein Spagat notwendig ?

Über solche Dinge zerbrachen wir uns überhaupt nicht den Kopf. Wir haben immer die Musik gemacht, an die wir glauben. Die offiziellen Preise bekamen wir doch nur, weil die Funktionäre sahen, dass die Leute uns mögen. Wir haben nirgendwo gesagt, das wir jetzt gern mal den Nationalpreis hätten. Generell haben wir nie etwas getan, das uns aufgezwungen wurde oder wohinter wir nicht stehen.

Hattet ihr tatsächlich nie Ärger mit den Funktionären, oder redet ihr nur nicht darüber ?

Klar wurde von uns auch mal ein Text verboten, aber wen interessiert denn das ? Unsere Fans hatten doch viel größere Probleme, ein Arbeiter durfte ja noch nicht mal auf der Betriebsversammlung Dinge ansprechen, über die wir gesungen haben. Kurz nach der Wende wurden zwar plötzlich alle zu Widerstandskämpfern, aber auch die meisten progressiven Bands hatten vorher stets aufgepasst, in offiziellen Äußerungen bloß nicht zu viel zu sagen, um nicht verboten zu werden. Konsequent waren doch nur ganz wenige wie Biermann. So konsequent wie der wollte ich aber nie sein, weil für mich ein verlassen der DDR nie in Frage kam. Als Band versuchten wir immer durch unsere Musik und nicht durch aufmüpfige Sprüche das Publikum zu erobern. Wir wollten eben nur das machen, was wir können, das aber so gut wie möglich.

Als BAP wegen Zensur ihres Programms 1984 kurzfristig ihr Konzert im Palast der Republik absagten und ihr dafür einsprangt, standet ihr als diejenigen da, die den Kulturapparatschiks aus der Klemme helfen. Warum habt ihr trotzdem gespielt ?

Wir hatten natürlich unsere Bedenken, aber letztlich war es eine Herausforderung. Außerdem fand ich die Reaktion von BAP – die doch wussten was in der DDR los war – echt bescheuert und unfair dem Publikum gegenüber. Wir haben dann auch gespielt, um den Abend zu retten. Übrigens hatten sich etliche Bands um den Auftritt beworben, was hinterher wieder keiner zugab.

Das Konzert war in jeder Hinsicht brisant, ging aber für euch mehr als glimpflich aus.

Es war eines unserer aufregendsten Konzerte, denn die Besucher wussten im wahrsten Sinne nicht, was auf sie zukommt. Das rechnete ja bis zu unserem Erscheinen mit BAP. Als stattdessen wir aufkreuzten, war das für die Zuschauer eine Riesenenttäuschung und für uns ein direkter Vergleich mit einer Westband. Das hatte bei uns enormen Kampfgeist geweckt, ohne irgendwelche politischen Hintergründe. Nach einigen Pfiffen zu Anfang wurde es ein gigantisches, umjubeltes Konzert.

Eurer 3000. Konzert am 19. Juni in der Berliner Waldbühne ist ausverkauft. Ärgert es euch, das die PUHDYS von vielen Kritikern trotzdem nicht ernst genommen werden ?

Nee, viel schlimmer wäre doch, wenn unsere Musik gar keinen interessieren würde. Je mehr Freunde du hast, desto mehr Kritiker eben auch. In dem Punkt geht es uns ja ähnlich, wie Pur oder Wolfgang Petry. Wobei ich jedoch glaube, das wir musikalisch mit denen nicht vergleichbar sind.

Wie viele Jahre wollt ihr noch als Band auftreten ?

So lange es geht und es uns natürlich Spaß macht. Zur Zeit macht es jedenfalls sehr viel Spaß, denn wir sind auch das erste Mal mit einem Album, der CD „30 Jahre PUHDYS“, in die Charts gelangt.

Verstehen sich die PUHDYS Mitglieder auch über die Band hinaus noch als Freunde ?

Klar sind wir Freunde, wenn auch mit unterschiedlichen Charakteren. Anders würde man es wohl kaum dreißig Jahre miteinander aushalten.

Gilt das auch für euren ehemaligen Bassisten Harry Jeske, mit dem ihr im Streit liegen sollt ?

Wir haben uns keineswegs mit Harry überworfen, sondern ihn ebenfalls zum Jubiläumskonzert eingeladen. Ich glaube, das Harry sein ausstieg aus der Band leid tut und ihm etwas fehlt. Wir können jetzt zur Jubiläumstour aber nicht einfach unseren jetzigen Bassisten Peter „Bimbo“ Rasym von der Bühne schicken.

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