Frank Raschke über das Projekt:
Als Dozent im Fach Chanson / Liedgestaltung für Schauspieler ist man immer auf der Suche nach neuem Liedmaterial.
Vor etwa 10 Jahren, als ich an der Hochschule für Musik und Theater (HMT) Leipzig den Unterricht für dieses Fach übernahm, besorgte ich mir deshalb vom Berliner Buschfunk Verlag die beiden, dort verlegten Gundermann-Liederbuch-Bände.
Der Liedermacher oder Rock-Songpoet Gundermann war mir nur ein Begriff aus Kollegenkreisen; Musiker die in Gundermanns Band Ende der 80er Jahre spielten, waren auch in meinem Jazzorchester beschäftigt.
Das Werk Gundermanns, seine Lieder waren mir allerdings lange Zeit gar nicht bekannt. Ich besaß keine Platte, und war auch niemals auf einem seiner Konzerte. Ich war Jazzmusiker, mit eher peripherem Interesse an Rockmusik. Erst im Jahre 2006 begann meine Auseinandersetzung mit Gundermanns Werk – auf sehr jungfräuliche Weise: Durch Lesen der Texte und der Aneignung der Vertonung über das Notenmaterial. Vielleicht war das mein Glück: Der Interpret Gundermann, dessen Aufnahmen mir inzwischen alle bekannt sind, vermittelt mir ein völlig anderes Bild seiner Lieder, als der Autor – sehr eigen, authentisch und in (Rock)-sängerischer Weise auf hohem Niveau; wahrscheinlich aber wären mir Gundermanns Lieder über das reine Hören nicht so ins Bewußtsein gedrungen.
Die ersten Songs, die mich „anfassten“ und meine Seele berührten waren „Gras“, „Soll sein“, „Weisstunoch“ und „Wer hat ein helles Licht bei der Nacht“. Schon bei den ersten Erarbeitungen von eigenen Interpretationen fiel mir die inhaltliche Tiefe und die kluge Dramaturgie seiner Texte auf; auch die durchdachte Linienführung in den Melodien der Vertonungen.
Meine persönliche Begeisterung übertrug sich auf die Studierenden: Sehr schnell wurden an der HMT Gundermanns Lieder „Standard“ Repertoire. „Gras“ ist heute so etwas wie „die Hymne“ des Schauspielinstituts und wird bei jedem öffentlichen Vorsingen, einleitend oder als Abschluss gemeinsam gesungen; auch beim letzten Studentischen Schauspielschultreffen in Leipzig begrüßten die Studenten des Gastgebenden Leipziger Instituts die Teilnehmer aller Schauspielschulen des Landes mit diesem Lied.
Inzwischen zählen an der HMT über 30 Lieder Gundermanns zu diesem „Standard“ Repertoire der Schauspielausbildung; sie haben ihre eine eigene Qualität, die, auch als praktisches Studiermaterial neben dem „klassischen“ Liedrepertoirefür Schauspieler bestehen kann und einen eigenständigen Platz einnehmen, selbst „Klassizität“ erlangt haben. In ihrer Direktheit, ihrer, mit einem volkstümlichen Ton spielenden Poesie, in ihrer Authentizität sind sie ohne Gleichen. Für manche – auch für mich – sind sie tatsächlich eine Lebens- und Überlebenshilfe.
Der 60. Geburtstag Gundermanns bildet Mitte Februar nun den Anlass, das Werk Gundermanns aus der Perspektive des schauspielerisch-sängerischen Umgangs mit diesen Lieder einem größeren Publikum darzubringen. Absolventen und Studenten des Schauspielinstituts „Hans Otto“, zusammengeschlossen zur Schauspiel-Brigade Leipzig, bieten dreißig seiner Lieder.
Es folgten ausverkaufte Konzerte im Staatsschauspiel Dresden und zur Erfurter Herbstlese 2016. Ein Studioalbum, welches auch bislang unveröffentlichte Gundermann-Songs beinhaltet, ist aktuell in Vorbereitung.
Musikalische Einstudierung, Bearbeitung und Arrangements: Frank Raschke
Ensemble:
Thomas Dehler, Andreas Dyszewski, Carolin Haupt, Jannik Hinsch, Henriette Hölzel, Martina Kieser, Annett Krause, Loris Kubeng, Lenja Raschke, Max Rothbarth, Sebastian Tessenow, Brian Völkner
An den Instrumenten:
Guido Raschke – keyboard, piano; Frank Raschke – piano, Akkordeon; Lenja Raschke – piano, Akkordeon; Thomas Dehler – bass; Max Rothbart – drums
Das Linda-Streichquartett