»Unterm Radar / ist eigentlich alles gut / solang eina / liebt, was er tut«, singt Danny Dziuk im Titelsong seines neuen Albums. In den besten Fällen überschneiden sich Liebe und Arbeit, es steckt viel von beidem in diesen 13 Liedern. Kleinode sind es, jedes für sich, mit unaufdringlich eingängigen Melodien, verspielten Texten voll Tiefe und wunderbaren Arrangements, lose angelehnt an das 70er-Klangbild eines Randy Newman, John Prine oder Warren Zevon.
Es geht wuchtig los mit dem einzigen Coversong: »Menschenfresser« von Rio Reiser, in einer leicht bearbeiteten Rock’n’Roll-Hammerklavier-Version. Der Sound ist warm, hart und federnd zugleich. In den zwölf weiteren Titeln geht es mal balladig zu, mal bluesig, oft im Midtempo. Hier ein Gitarrenlick, dort ein Pianomotiv oder eine Schlagzeugidee: Jedes Lied ist voll kleiner, songdienlicher Verzierungen, die jedoch an keiner Stelle überhand nehmen. »Dziuks Küche« hieß ja, bevor er 2016 unter eigenem Namen weitermachte, seine Band seit den 90er Jahren. Der Name war und ist Programm: Kochen ist Kunst und Liebe und Demut, ein paar Kräuter und etwas Zitrone in den Linseneintopf und er hebt ab. Aber es muss immer noch ein Linseneintopf sein. So schmecken auch Dziuks Lieder, die seit jeher Blues, Songwriter-Folk, Country Soul, einen Schuss Jazz, etwas Chanson und … – ja: Klassik so mischen, dass es schmeckt. Reinsetzen möchte man sich in diesen Sound.
Worum es geht? Alles Mögliche. Mal Lagerdenken (»Wo jeder schreit ›Auf welcher Seite stehst du?‹ / Und keine dieser Nasen hat das Recht dazu«), mal Internettrollerei, Coulrophobie (Angst vor Clowns), Taxinachtfahrten (und mehr) und auch das Existenzrecht Israels sind Themen, zu denen Dziuk klug formulierte Fragen stellt oder Geschichten erzählt, deren Seele, Geist und Witz immer wieder an Kurt Tucholsky und, vielleicht auf diesem Album sogar noch mehr als sonst, an Randy Newman erinnern.
Und an einen weiteren, »nicht mehr sterblichen« Großmeister der kleinen Form: Wiglaf Droste. Beide waren befreundet und zeitweise Kollaborateure, Dziuk setzt ihm in »W.enn, D.ann« ein anrührendes Denkmal. »Wenn alles wieder sagte ›Ist vergeblich / man kommt gegen die Welt einfach nicht an!‹ / dann gab es einen, der mich ganz erheblich / aus sowas retten konnte – dann und wann«. Groß, wie auch die direkt darauf folgende Vertonung des Droste-Gedichts »Wintertelegramm«, das kongenial in zweifelnde, kopfschüttelnd-heitere Musik voller Weite überführt wird.
Weit ist auch das »Tempelhofer Feld«, sanft und mild der süffige Song (dieser Orgeleinsatz …) über einen schönen Tag dort. Beim Gesang wechselt sich Danny Dziuk hier mit Antoine Villoutreix ab, die beiden haben das Lied zusammen vor Ort geschrieben; und wie von einem schönen Tag wünscht man sich, dass es nicht enden möge. Doch … »gleich kommt die Schrecksekunde / da geh’n die Tore zu«. Hach …
Nach einigen Konzerten im Westen (wir sahen ihn in Bochum und Dortmund, natürlich im »Subrosa«) tourt Dziuk gerade durch Nord- und Ostdeutschland. Begleitet wird er von Karl Neukauf und der Kölner Songwriterin Krazy; es ist ein Genuss, zu erleben, wie die drei harmonieren, sich ergänzen. Hier liebt jemand, was er tut – wie schön, für uns.