Ein Bericht von Christine Thom-Schindowski mit Fotos von Uwe Thom
Wow. Sie heißt Mona Maria Weiblen, ist noch ungeheuer jung, auf der schwäbischen Alb aufgewachsen und singt Gundermann. Mit einer wunderschönen Stimme, die etwas ganz Besonderes ist, ähnlich wie die Conny Gundermanns, und doch ganz einzigartig. Sie ist jetzt ab nächste Woche mit Heiner Kondschak und Christian Dähn auf Tournee im Osten. Ich sitze aber gerade noch bei der Generalprobe in einem gemütlichen altmodischen Wohnzimmer und freue mich wie ein Schneekönig, an der Musik – und dass es weitergeht! Da ist die nächste Generation. Sie sagt, die Lieder sind für sie ein Geschenk.
Heiner Kondschak ist nicht nur in der Region Tübingen bekannt für sein gutes Gespür, wenn es um die Zusammenstellung eines Ensembles geht. „Er hat es wieder getan“, titelte das heimische Schwäbische Tagblatt und meinte damit, dass der Tübinger Regisseur eine neue CD mit Gundermann-Liedern aufgenommen hat (siehe unsere CD-Besprechung HIER). Analog könnte man sagen, er hat es wieder geschafft, die richtigen Leute zusammen und zu Gundermann zu bringen. Mona Maria Weiblen steht voll dahinter, wenn sie Gundermann singt, und das spürt man bis in die letzte Reihe. Christian Dähn, Gründungsmitglied der Randgruppencombo, an den Drums heute dort vertreten von seinem Sohn Silvan oder dessen Schülerin Hannah Marx, kann man nicht Schlagzeuger nennen, das wäre ein gewaltiges Understatement. Er ist ein Zauberer in Sachen Percussion, Komponist und spielt außerdem noch eine Säge und ein Xylosynth in allen Schattierungen, dazu die „handpan“ und die Geige. Alle zusammen spielen die drei – Heiner, Mona und Christian – knapp 20 Instrumente, jeder oft mehrere bei dem gleichen Lied, u.a. auch ein Kinderklavier und eine Low-Whistle. Logistisch eine echte Herausforderung. Das Publikum bei der CD-Release-Party dankt es: In der liebevoll eingerichteten „TanzEtage Gomaringen“ bei Tübingen jubelt man schon bei den ersten Liedern. Die Räume der Gastgeberin Eva Wied sind rappelvoll. Heiner Kondschak ist trotz seiner wilden Mähne ein notorischer Publikumsmagnet. Und natürlich gibt es Standing Ovations zum Abschluß.
Was die drei Musiker da machen, ist moderne (Gundermann-)Kammermusik. Stimmlich passen sie sehr gut zusammen, und das alles klingt nochmal ganz anders als die Aufnahmen auf der neuen Kondschak-CD, wenn die Arrangements und Intermezzi auch grob gesehen die gleichen sind, nur mit noch mehr Instrumenten und verschiedenen Abwandlungen. Ein richtiges Bonbon für die Gundermann-Fans: Das Hochzeitslied, das Mona und Heiner singen. Der Charme, den Mona auf so natürliche Weise zeigt, erinnert sehr an Conny und Linda Gundermann. Das Lied findet sich nicht auf CD, weil es tatsächlich das ganz persönliche Hochzeitslied ist, das Gerhard Gundermann für seine Conny schrieb. Er schrieb es ihr für einen Auftritt mit der Brigade Feuerstein und schob ihr damit einen musikalischen Heiratsantrag unter …
Heiner Kondschak macht sich zum Sprachrohr Gundermanns und holt Gundis lange Zwischentexte auf die Bühne, spricht sie ganz auswendig, amüsante und traurige, bekannte und weniger bekannte. „So wird es Tag“ hat eine wunderbare Ouvertüre bekommen, mit Tin-whistle, Sax und Xylosynth, dann kommt noch das Klavier hinzu. „Herzblatt“ erklingt mit Handpan, Mandoline und Xylosynth. „Männer und Frauen“ profitiert von einem wunderschönen Gitarrenvorspiel und „Vater“ von der einfühlsamen Klavierbegleitung. „Es kommt der Tag“ hat ein tolles Bass-Solo. Auch die Instrumentierung bei „Gras“ überrascht und überzeugt, wie eigentlich alles, was sich der Regisseur ausgedacht hat. Ab und zu schimmert ein wenig der Kabarettist durch, wenn Heiner Kondschak erzählt. „Brunhilde“ mit der berühmten Sequenz mittels Melodika ist ungewohnt, aber klingt wirklich schön, das Glockenspiel bei „Vögelchen“ lässt den Zuhörer in den Gundermann-Himmel fliegen …
Gomaringen ist tatsächlich nicht der Nabel der Welt, aber hier im Albvorland ist Heiner Kondschak zu Hause, genauso wie vor 500 Gundermann-Fans in Berlin oder Dresden, die lauthals mitsingen. Und er gewinnt wie so oft gleich mal für Gundermann wieder neue Fans. Am Tisch von Gundermanns Seilschaft e.V. trifft man auf Neulinge und auf altgediente Freunde seiner Musik, die es von Tübingen aus im letzten Juni zum 20. Todestag Gundermanns bis in die Kufa Hoywoy geschafft haben um beim Konzert des Europaprojekts von Gundermanns Seilschaft e.V. mit dabei zu sein!
Das Konzert ist unvergesslich, und somit stimmt es: er hat es tatsächlich wieder getan. Heiner Kondschak lässt diese Lieder aus der Lausitz mit den überirdisch schönen und rauen Texten nochmal losfliegen, in die wunderschöne Landschaft, aus der sie kommen, auf dass sie hoffentlich wieder ein festes Band zwischen denen im Osten und denen im Westen bilden, ein Band aus Respekt vor dem Leben und der Poesie des Anderen …