Berlin ist ein Ohrenglück. So viele Konzerte, solche Globalität – außer in Germanisch Pankow. Also verläßt der Klangsüchtling sein Schloßparknest. Er überschreitet die Panke und wagt sich, trotz Pegida-Reisewarnung, ins gefährlich überfremdete Neukölln, das einst Rixdorf hieß. In Rixdorf ist Musike. Im Heimathafen singt der zyprische Grieche Alkinoos Ioannidis, ein Stern der hellenischen Welt. Der alte Ballsaal scheint völlig graecisiert, doch Ioannidis dankt auch deutschen Hörern für ihr Kommen. Dies beweise, daß die Medien-Propaganda uns Europäer nicht trennen könne.
Ostberlins Heimathafen ist die Kulturbrauerei. Dort, im Prenzlauer Berg, landete tags zuvor wohl kein einziger Grieche. Engerling wurde 40. Bodi Bodag orgelte das Mutterschiff des Ostbluesrock dreieinhalb Stunden lang durch die Bandgeschichte. Die Kreuzfahrt war ausverkauft. Edelgraues Volk von Halberstadt bis Ueckermünde jubelte, träumte und trank. Auf Deck drängten sich kunstverwandte Gratulanten: Herzberg & Ehle, Lutz Kerschowski, Bernd Römer, die Polkaholix-Bläser, Waldi Weiz, die Ur-Engerlinge Kuhle Kühnert, Lello Lojewski, Jens Saleh … Und dann erklangen Uschi Brüning und Luten Petrowsky, letzterer doppelte 40 Jahre alt. Ewigjung gospelte Uschi Compared To What und den Stormy Monday Blues. Die Musikgeschichte fordert: Das Buschfunk-Label muß Engerlings Orgie als Doppel-CD veröffentlichen.
Alkinoos Ioannidis´ neue Platte heißt Mikri valitsa, kleiner Reisekoffer. Der Titelsong handelt vom Verlust der Heimat. Ioannidis singt ihn ganz zum Schluß. Er tritt an die Rampe, ohne Laute und Mikrophon. Er widmet sein Lied vom kleinen Koffer allen, die in diesen Tagen keinen Hafen fanden, nur den Tod.