Spaß am Spaß

von Andreas Hermann, Sächsische Zeitung

Am Vorabend des 7. Oktober gab’s mal wieder eine Begegnung mit den Protagonisten des einstigen Aufbruchs zu neuen Ufern: Pankow – für nicht wenige die anarchistische, weil konventionsloseste Ostrockband der frühen Achtziger und zum Wendepunkt dermaßen beliebt und couragetechnisch topfit, dass sie mit einigen anderen Künstlern und Intellektuellen die Friedlichkeit der sogenannten Revolution befördern konnten – haben sich ihre treue Klientel ohne jeden zeitgeistigen Anbiederungshabitus ehrlich erspielt, Schwierigkeiten mit den Texten hatte man zu DDR-Zeiten und auch nach der Wende mit der Plattenfirma.

Und so begann am Freitag im Alten Schlachthof fünf nach acht eine Zeitreise in ein Vierteljahrhundert Bandgeschichte. Mit Jürgen Ehle und Jäckie Reznicek (einst die begehrtesten Gitarristen der Zone) an den Saiten, Stefan Dohanetz an den Stöcken und André Herzberg am Mikro sind vier der Urgeister präsent, nur Keyboarder Rainer Kirchmann wurde mittlerweile von Kulle Dziuk ersetzt. Die pure Lust an Musik und Bühne zeigt das Motto der Tour: „Nur aus Spaß“ – als gelungene Neuerscheinung per Silberling frisch auf dem Markt und stückweise ins Programm eingeflochten – und durchaus im weiteren Sinne mit dem altersweisen „Modern Times“ von Bob Dylan zu vergleichen: Qualität, Ruhe und Gelassenheit, die auch auf Livekonzerten trägt. Natürlich springt Herzberg nicht mehr so zügig wie der Frauenschreckpanther von einst über die Bühne. Die einzige technische Spielerei des ganzen Abends: Bassist und Dresdner Urgestein Jäckie Reznicek, der unlängst in einem Interview mit den DNN verkündete, Gesellschaftskritik sei offenbar nie beliebt, lässt per Ventilator sein noch immer volles Haupthaar im Wind wehen.

Das Publikum, ebenso leger aufgelegt, lächelt und genießt den Abend – traditionell umrahmt von „Kille, kille, Pankow“ und wie immer zweieinhalb Stunden lang. Eine exotische Symbiose von Band und Zuhörern, fernab teilweise heute üblicher Fanverehrung – eine Einheit, die die „Einheit von Wirtschafts- und Sozialpolitik“ lange überlebt hat.

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