Testament einer lebenden Band Die Renft-Combo fängt nach Schicksalsschlägen mit einem Album neu an
Liebe und Leid, sie sind unglücklich verteilt im Leben. Niemand weiß dass besser als die sieben Männer, die vor 35 Jahren eine Band names Renft gründeten und zur größten Rockkapelle der DDR machten. Dem schnellen Ruhm folgte Rebellion, nach drei Jahren und zwei Schallplatten schon kam das Ende. Ein Teil der Musiker ging in den Westen, ein Teil rührte kein Instrument mehr an. Ein anderer spielte unter Aufsicht der Staatssicherheit in einer Combo aus verlässlichen Genossen weiter. Als die Mauer fiel, waren die Gräben zu tief, um einfach gemeinsam weiterzumachen. Renft gab es zwar wieder. Doch nie mehr ging die Band in Originalbesetzung in ein Studio.
Und dazu wird es auch in Zukunft nicht kommen, denn inzwischen hat die Gruppe, seit dem frühen Tod von Texter Gerulf Pannach im Ertragen von Schicksalschlägen geübt, zahlreiche weitere Prüfungen ertragen müssen. Bandgründer Klaus Renft verlor seinen Kampf gegen den Krebs. Auch Multi-Instrumentalist Pjotr Kschentz starb an der Krankheit. Christian Kunert, die Stimme der neuformierten Gruppe, erlitt mehrere Hörstürze und musste sich in den Ruhestand verabschieden. Dann verunglückte Heinz Prüfer, Gitarrist und musikalischer Direktor, nach einem Auftritt tödlich. Und auch Peter „Cäsar“ Gläser, der Fleißigste unter den Ex-Renftlern, bekam eine Krebs-Diagnose gestellt.
Und doch sind sie plötzlich wieder da, mit einem neuen Sänger, der einer der alten ist: Thomas „Monster“ Schoppe. Mit dem Gitarristen Gisbert Piatkowski, der einst mit der Gruppe Klosterbrüder verboten wurde und später bei City spielte. Und mit einem Album, auf dem noch einmal die zu hören sind, die nie mehr auf Tour gehen werden. „Abschied und Weitergehn“ (Marktkram / Buschfunk) betitelt, ist das erst vierte Renft-Studioalbum in 40 Jahren das Testament einer lebendigen Band – aber ein reguläres Album wie noch der Vorgänger „Als ob nichts gewesen wär“ ist es nicht. Zu zerschossen und skizzenhaft wirken die 14 Stücke, die an unterschiedlichen Orten und von verschiedenen Besetzungen eingespielt wurden.
Einige alte Bekannte sind darunter wie Pannachs Dylan-Bearbeitung „Fuß aus Stolz“ oder die noch aus den 70er stammende Weltmusik-Nummer „Aiko Biaye“. Daneben stehen aber auch neue Stücke wie „Nie auf ein Schlachtfeld“ und „Kinder im Krieg“, letzteres live aufgenommen in Hannover, weil Peter Kschentz starb, ehe ein Studiotermin gebucht war.
Alles hier deutet an, was diese Band wäre, wenn sie hätte sein dürfen, in ihrer Zeit. Der Rock ist kraftvoll noch, den die Männer fegen lassen, die auf dem Cover nurmehr Silhouetten kurz vor dem Verschwinden sind. Und wenn sie gar alle noch einmal zusammenspielen wie im Renft-Medley von 2005, dann bekommt das Brüchige, Verlorene in diesen Liedern, die auf den ersten Blick hingewischt wirken, Würde wie alter Blues.