Wenzel: Reisebilder

BuschFunk, 1989

Titelliste

  1. Fern im Land liegt das Land (Schmuggerower Elegie XVIII)
  2. Ballade von der Stadt Wittenberg
  3. Wartung eines Landes
  4. Selbstbildnis vor einem Teller Buchstabensuppe
  5. Lilienstein-Lied
  6. Das Halle-Lied
  7. Das Berlin-Lied
  8. Mignons Lied (Kennst du das Land)
  9. Das Weimar-Lied
  10. Nichts bleibt geheim
  11. Stadt-Nacht
  12. Halb und halb
  13. El Velero

Besetzung

  • Hans- Eckardt Wenzel: voc, git
  • Studio Orchester: Leitung: Dietmar Staskowiak
  • Heinz Becker: fl
  • Jörg Nassler: git
  • Jürgen Böhning: tp
  • Jens Naumilkat: violincello
  • Birgit- Ellen Czaya: fl
  • Katrin Pehla: voc
  • Wolfram Dix: drums, perc
  • Stefan Pfüller: horn
  • Christian Raake: alt-sax
  • Angela Diresnack: violine
  • Markus Rindt: horn
  • Lutz Emmelmann: flügelhorn
  • Ilja Sachariew: tp
  • Rolf Fischer: voc
  • Edwin Sadowski: git
  • Eckehard Glocke: oboe
  • Karl- Heinz Saleh: bass
  • Stefan Graf: tp
  • Georg Schwark: tb
  • Micheal Gühne: horn
  • Achim Sonntag: tenor-sax
  • Frank Keding: tp
  • Dietmar Staskowiak: piano, syntesizer, voc
  • Amandus Kichhoff: tenor-sax
  • Bernd Kleinow: mundharmonika
  • Bernd Svoboda: posaune
  • Stefan Kling: piano, synthesizer
  • Ulrich Tewes: sax
  • Harry Kuhn: flügelhorn
  • Heike Thiem: voc
  • Olaf Masche: posaune
  • Stephan Grete Weiser: bass
  • Manfred Michel: cl
  • Tobias Morgenstern: acc
  • Harry Wilhelm: flügelhorn
  • Harmann Naehring: perc
  • Petra Nagel: horn

Liedtexte

Mitten durch die Stadt Berlin
Sieht man etwas lang sich ziehn,
Viele stehen da und gucken
Andre rümpfen Nasen, spucken;
Nicht aus Stahl und Pappmache
Nein aus Wasser ist die Spree,
Zwischen Staatsrat und Zentralkomitee
Stehn zwei Angler an der Spree
Sagt: kommt lieber zur Armee
Wenn ihr Langeweile habt oder Durst auf Tee

Kleine Fische, große Fische
Kleine Haken, große Haken
Nicht aus Stahl und Pappmache
Nein aus Wasser ist die Spree.

Aus dem Auto mit CD
Steigt der Botschafter der Republik Francaise,
Sieht die Angler an der Spree,
Ruft begeistert aus: ‘OLE‘!
Das ist ja wie bei uns am Quai!
Und die Angler schaun wie in Hypnose
Nicht zum Staatsrat sondern auf die Pose,
Wühlen in der Würmerdose!
Da kommt ein Konvoi
Mit schwarzen Limousinen
Vorbei mit hohen Tieren hinter den Gardinen
Die viel lieber bei den Anglern blieben
Als Verträge unterschrieben.

Kleine Fische, große Fische
..

Und ein Fisch aus unsrer Spree
Hebt den Fuß und ruft, ole!
Beim ersten Mal da tuts noch weh!
Liebe Angler vorm Komitee,
Nein ich will nicht in Gelee
Laßt mich leben liebe Leute,
Sucht euch eine andre Beute,
Haken weg! Ich bin nur ein armes Vieh,
Und stink viehisch nach Chemie.
Ich will Liebsein, wie die Bürger hie,
Sonst sag ich den Genossen vis à vis,
Daß ich in die Nordsee flieh …

Kleine Fische, große Fische

Kennst du das Land, wo die Zitronen blühn,
Im dunklen Laub die Goldorangen blühn,
ein sanfter Wind vom blauen Himmel weht,
Die Myrthe still und hoch der Lorbeer steht,
Kennst du es wohl?

Dahin! Dahin
Möcht ich mit Dir, o mein Geliebter, ziehn.

Kennst du das Haus? Auf Säulen ruht sein Dach,
Es glänzt der Saal, es schimmert das Gemach,
Und Marmorbilder stehn und sehn mich an:
Was hat man dir, du armes Kind, getan?
Kennst du es wohl

Dahin! Dahin
Möcht ich mit dir, oh mein Beschützer, ziehn.

Kennst du den Berg und seinen Wolkensteg?
Das Maultier sucht im Nebel seinen Weg;
In Höhlen wohnt der Drachen alte Brut;
Es stürzt der Fels und über ihn die Flut,
Kennst du ihn wohl?

Dahin! Dahin
Geht unser Weg! 0 Vater, laß uns ziehen

Magst du dein Frühstücksei hart oder weich?
Schreibst du dich mit‘nem arabischen Scheich?
Selbst jeder Pickel an deinem Bein!
NICHTS BLEIBT GEHEIM!

Gehst du zur Demo oder bleibst du zu Haus?
Träumst du vom Ein-zwei-Familienhaus?
Willst du kein friedlicher Bürger mehr sein?
NICHTS BLEIBT GEHEIM!

Fährst du zu schnell oder trinkst du zu lahm?
Kriegst du Besuch aus Türkei und Sudan?
Ist dein Penis ein wenig zu klein?
NICHTS BLEIBT GEHEIM!

Schreibst du gelegentlich gibt mit „je“?
Fehlt dir das Kleingeld im Portemonnaie?
Hast du im Lotto mal mächtiges Schwein?
NICHTS BLEIBT GEHEIM!

Bist du psychiatrisch labil dann und wann?
Glaubst du noch echt an den Weihnachtsmann?
Findest du Bullen und Spitzel gemein?
NICHTS BLEIBT GEHEIM!

Findest du, daß dir das Leben schmeckt?
Magst du nicht, daß man, wie‘n Held verreckt?
Möchtest du einfach am Leben sein?
NICHTS BLEIBT GEHEIM!

Das Geld halb rausgeschmissen
Für einen halben Rausch,
Zur Nacht ein halbes Kissen,
Ein fiffti- fiffti- Tausch.

Der Mensch halb Stier, halb Affe,
Halb tierisch meine Lust.
Und alles, was ich schaffe,
Ist halb gewollt, gemußt.

Immer nur die Mitte
Immer nur das halbe Glück
Halber Zorn, halbherzige Bitte,
Vom Leben nur ein halbes Stück.
Halb und halb,
Halb heiß, halb kalt,
Halb Leid, halb froh,
Halb so halb so,
Ein halb gemeintes Wort
Halb bin ich lang schon fort,
Halb lieb ich dich, Halb lieb ich mich
Halb und halb…

Halbfett die Zeitungszeilen,
Halbgut der liebe Gott,
Mein Weh wird halb nur heilen,
Halbwütig beißt mein Spott.

Die Halbzeit halb gewonnen,
Die Welt zur Hälfte gut,
Das Gift nur halb genommen,
Besänftigt halb die Wut.

Immer nur die Mitte

Halb Mensch und halb Maschine
Der Polizist, mein Freund.
Die Stadt, wo ich verdiene,
War halb nur eingezäunt.

Auf Halbmast weht die Fahne.
Das Glück zum halben Preis.
Ein halbes Pfund Schlagsahne
Auf halbgefrornem Eis.

Immer nur die Mitte

Lange hast du nicht mehr mit der Welt gesprochen,
Und dein hohles Fernweh hat dir den Verlust verschönt;
Bist an Stränden zwischen Bockwurstbuden rumgekrochen,
Und dein Gröhlen hat des Nachts in Höfen laut getönt.
Straßenbahnen, Autobusse, Kühlschrankbrummen, Blasmusik.
In der Ferne sprach die Erde, übertönt von deinem Glück.
Plötzlich stehst du schweigend da, hörst wie die Brandung fällt,
Plötzlich merkst du, man, du stehst am Rande dieser Welt.

Das macht der Himmel von El Velero,
Wo die Sterne auf dem Kopf stehn,
Wo dich die Wellen wie einen Bolero
In der drehenden Welt drehn.

Lange schlug dein Herz den Rhythmus fast wie die Sekunden,
Wie der 5- Bahn- Fahrplan warn die Tage aufgereiht,
Und auf einmal hast du wieder in die Welt gefunden,
Man, die ist ja wirklich groß und wirklich rund und weit.
Sitzen abends wir am Feuer, kommt die Nacht und kommt die Flut,
Und du merkst, wie klein du bist, wie klein, und das tut gut.
Klein wie Kümmernisse, die man für das Größte hält,
Plötzlich merkst du, man, du stehst am Rande dieser Welt.

Das macht der Himmel von El Velero,
Wo die Sterne auf dem Kopf stehn,
Wo dich die Wellen wie einen Bolero
In der drehenden Welt drehn.

Lange wollten all die kleinen Narben nicht mehr heilen,
Narben unsres Mißtrauns, unsrer blinden Lebenswut.
Liebeskümmernisse oder wegzensierte Zeilen,
Was du in dich reinfraßt, still, mit schaumgebremster Wut.
Und wenn dich das Meer hat, merkst du, leicht kann es dich entführn,
Dann, wenn deine Füße keinen Boden, keine Welt mehr spürn.
Plötzlich weißt du wieder, was dich auf der Erde hält,
Plötzlich merkst du, man, du stehst am Rande dieser Welt.

Das macht der Himmel von El Velero,
Wo die Sterne auf dem Kopf stehn,
Wo dich die Wellen wie einen Bolero
In der drehenden Welt drehn.

Manchmal schiens, als wärst du eine Lebens- Leb- Maschine,
Wußtest jede Antwort, selbst den Radius der Welt,
Sternennamen und das Liebesleben einer Biene,
Wie baut man am schnellsten auf ein Drei-Personen-Zelt?
Diese alte Sicherheit, in der sich jeder sicher meint,
Sie verfliegt dann, wenn du merkst, das Meer in dir, es weint.
Jeder Stein, den du gefunden. Jeder ist‘s, der dir gefällt,
Plötzlich merkst du, man, du stehst am Rande dieser Welt.

Das macht der Himmel von El Velero,
Wo die Sterne auf dem Kopf stehn,
Wo dich die Wellen wie einen Bolero
In der drehenden Welt drehn.

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