Kompromisslos aufrührerisch – Tagebücher und Box erinnern an große Momente von Renft

von Gerd Dehnel,

So tapfer die Musiker von Renft den DDR-Behörden die Stirn geboten haben, so hart müssen sie auch miteinander umgegangen sein. Die zweifellos talentierteste Band des Ost-Rock wollte sich 1975 nicht länger an Erlaubtes halten, auch Songs über Wehrdienstverweigerung oder Republikflucht spielen. Es folgten Verbot, Knast und Ausweisung, Ausreise von Bandchef Klaus Renft (1942-2006).

In seinen jetzt verlegten Tagebüchern, zwischen 1968 und 1997 geschrieben, lässt sich das schmerzhafte Ringen mit den Funktionären nachempfinden. Doch lässt sich auch ahnen, dass die Band auch ohne das Verbot kurz vorm Ende stand. Schon lange wurde Klaus Renft zu Gute gehalten, dass er es immer verstanden hatte, starke unterschiedliche Charaktere beisammen zu halten. Es wäre wohl nicht mehr lange gelungen.

Renfts fragmentarische Aufzeichnungen, oft nur knapp skizzierte Bilder oder Gedichte anstelle von Erläuterungen, zeigen einen Suchenden, der an der Härte der Auseinandersetzungen sowohl mit seinen Kollegen als auch mit der SED-Macht schier verzweifelt. Der lieber Kompromisse finden würde, grundanständig aber Faules ablehnt: So lässt er sich nicht drauf ein, Musiker rauszuwerfen, um die eigene Haut zu retten. Ebenso wenig will er später zulassen, dass Renft zur Nostalgie-Maschine verkommt.

In seinen Tagebüchern präsentiert sich ein tief verunsicherter Musiker, der Zeit seines Lebens um die richtige Form ringt sich auszudrücken. Wie er die mit der Band Renft in den besten Momenten gefunden hat, zeigt eine neu zusammen gestellte Box mit vier Alben und einer DVD.

Sämtliche Aufnahmen wurden digital überarbeitet. So präsentieren sich frühe volksliedhafte Stücke wie „Der Apfeltraum“ oder das raue „Flüsse und Tränen“ ebenso in Bestform wie das späte „Ist das etwa nichts“, das Klaus Renft ausnahmsweise mal selber gesungen hat. Sämtliche Filmaufnahmen aus dem DDR-Fernseharchiv runden das Paket ab. Inklusive eines reichlich kuriosen Filmes für den Schulunterricht, in dem die späteren Regimegegner lustvoll über ihre Kunst philosophieren.

Die Bewaffnung der Nachtigall – Tagebücher von Klaus Renft 1968 bis 1997 (Buschfunk); Klaus Renft Combo „Zwischen Liebe und Zorn“ (4 CD + DVD – Sechzehnzehn/Buschfunk)

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